Ein Feuerzeug ist ansteckend


Ein Feuerzeug ist ansteckend

Hallo meine lieben Freunde,

ich hoffe ihr seid alle gut ins neue Jahr gerutscht.

Wie es so am Ende eines Jahres ist, habe ich wie viele andere auch, einen Rückblick auf 2012 geworfen und mein Resümee geschlossen.
2012 hatte schon etwas von einer Achterbahnfahrt, rauf, runter und einen schwindelerregenden Looping. Auch ich saß ab und zu in einen dieser Wagen. 
Am 4 Dezember habe ich euch eine Geschichte zu kommen lassen, ich gab ihr den Titel „Große Sorgen – kleine Sorgen“ in der es um Sorgenpakete ging. Ich habe da allerdings noch nicht an meinem „faulen“ Backenzahn gedacht. Nach über 20 Jahren hatte ich mal wieder so richtig ordentliche Zahnschmerzen, die mich nicht nur zu einem Zahnarztbesuch zwangen, sondern mich auch sonst lahm legten. Dem einen oder anderen ist sicher aufgefallen, dass es mir manchmal schwer fiel zu reden. 
Wie so ein Zahnarztbesuch ist wisst ihr ja auch, man sitzt gefühlte 10 Stunden im Wartezimmer, die Betäubung will einfach nicht wirken und die Behandlungen selbst erinnern an einen Kerkermeister mit den neuesten Foltermethoden. Es fehlten eigentlich nur noch die Streckbank, das Rädern und zu Letzt noch das Vierteilen.
Man will eigentlich nur runter vom Stuhl und nichts wie weg.

Wer denkt schon daran ausgerechnet beim Zahnarzt Schlüsselerlebnisse zu haben?

Während einer Behandlung fiel mir die oben genannte Geschichte ein und ich fragte mich, ob ich jetzt wohl auch gern mein Paket gegen ein anderes tauschen wolle. Es beschäftigte mich so sehr, dass ich nicht mal mehr das Geräusch des Bohrers wahrnahm. Naja, ein Beinbruch wäre schlimmer oder in einem Land zu wohnen wo Zahnärzte Mangelware sind. Also hat es mich doch eigentlich noch gut getroffen.
Mein Zahn wurde bis zum Rand mit Medikamenten voll gestopft, Schmerztabletten bis zum Abwinken waren in meinem Gepäck und so was wie eine Dauerkarte für 3 Wochen Termine beim Arzt war auch dabei. Etwas angesäuert saß ich nun auf meinem Sofa und dachte so bei mir, na toll so Endet jetzt mein Jahr und der Weltuntergang (21.12) steht auch vor der Tür. 
Ach naja, für 5 Minuten mal die Flügel hängen zu lassen ist auch ok.

Die Medikamente legten mich doch recht lahm und ich konnte nicht so wie ich wollte.
Meine Welt stand plötzlich still oder wurde zumindest sehr viel langsamer. Vielleicht in etwa so vergleichbar – ich bin von meinem Formel 1 Rennwagen auf ein Dreirad umgestiegen.
Mit dem Reden hatte ich es ja nun nicht so und war teilweise für euch nicht erreichbar.
Ist es verlorene oder gewonnene Zeit? 
Ganz klar, für mich war es gewonnene Zeit, Zeit um endlich mal aufzuräumen. Ja ne, meine Bügelwäsche ist dadurch nicht weniger geworden, der Berg ist sogar noch gewachsen. Es war aber Zeit die ich nutzen konnte, um mal Fragen nach zu gehen, die ich immer auf später verschoben habe, vielleicht weil ich sie nicht wirklich gehört habe oder weil die Antworten für mich selbstverständlich waren. Fragen, die ihr mir gestellt habt. Z.B. egal wann man dich anruft, du bist immer Energie geladen oder du hast immer gute Laune, wie machst du das? Lässt du den Kopf nie hängen oder ärgerst dich nicht? 
Da muss doch erst so ein blöder fauler Zahn kommen um darüber mal nach zu denken. 
Zusätzlich zu meinen Zahnschmerzen habe ich mir den Kopf deswegen zerbrochen, was ich wohl so anders machen könnte.

Um euch einen kleinen Eindruck zu verschaffen, nehme ich euch jetzt mit zu meinem Zahnarzttermin vom 21.12. (kicher, Weltuntergang oder doch eher ein Aufgang?). 
Eine wahre Geschichte.

Es sollte der letzte Termin sein und ich hoffte auch, dass alles wieder gut ist, denn mein Zahn meldete endlich keine Schmerzen mehr. 
Im Wartezimmer gingen mir die letzten 3 Wochen so durch den Kopf, weiha, was waren das für skurrile Behandlungen. Mal abgesehen von den Betäubungen, dem Bohren und Röntgen, war mir alles andere unbekannt. Totales Neuland.
Eine Betäubungsspritze die den Nerv zu 100 % trifft und sich wie Stromschläge anfühlt. Mein Arzt meinte, den Nerv so zu treffen ist in etwa so, als würde man einen bestimmten Grashalm auf einer Wiese suchen. Klasse, dass hatte er ja nun geschafft.
Nadeln wurden in die Wurzeln gespießt und ich bekam noch den Hinweis nicht zu zubeißen, da war es auch schon zu spät und längst passiert. Kleine Sternchen kreisten um mich und meinem Zahn.
Was würde wohl heute dran sein? Eigentlich doch nur den Deckel aufmachen, ausspülen und ein ordentliches Plömbchen drauf. Deckel zu, Zahn heil und ab nach Hause. So hatte ich es mir gedacht.
Mein Name wurde aufgerufen und ich ging gefasst mit dem üblichen Magengrummeln in die Folterkammer.
Kein Minütchen nach dem ich auf dem Stuhl Platz genommen hatte, war der Arzt schon da und meinte doch tatsächlich, dass er mir den ollen Deckel ohne Betäubung aufbohren wolle. 
Da sind mir die Augen aus dem Kopf gefallen – ich und ohne Betäubung bohren, ohne mich. Als Kind habe ich den Mund ohne Betäubung schon nicht aufgemacht, warum dann jetzt? 
Also gut, wir Wassermänner sind ja experimentierfreudig und an der Stuhllehne gut festgekrallt, habe ich den Mund auch so auf gemacht, nur um mal zu sehen, wie lange ich das jetzt aushalte. 
1 Sekunde oder 2? 
Der Bohrer ging an und landete mit seinem quälenden Geräusch in meinem Mund. 
Die 2 Sekunden sind um, jetzt müssen die Schmerzen kommen. 4 Sekunden sind durch, nichts passiert – bin wohl doch nicht so empfindlich wie ich dachte. Kaum zu glauben, aber ich war völlig entspannt, kein Schmerz, nichts. Fertig, der Bohrer ging aus und es tat nicht mal weh. 
„Bitte die Augen schließen, ich spüle den Zahn jetzt aus. Es riecht ein wenig nach Chlor.“
Wo bin ich nun gelandet, im Schwimmbad?
„Ich werde jetzt mit einem Spannungsgerät überprüfen, ob der Zahn noch lebt.“ Im selben Moment wurde ich auch schon verkabelt. Junge, Junge, nun bin ich auch noch bei Dr. Frankenstein angekommen. Was will der Arzt den machen, den Zahn wiederbeleben? Gespannt wartete ich auf Stromschläge, aber nichts passierte.
Naja, mittlerweile war ich schon etwas enttäuscht, keine Schmerzen durch den Bohrer, keine Übelkeit oder Reizung durch das Chlor und keinen Stromschlag. Die ganze Zeit bin ich gequält worden und heute mal nichts? Mein Bild vom schmerzbringenden Zahnarzt bröckelte, da wusste ich allerdings noch nicht was als nächstes kommen sollte.
Mein Arzt stocherte mir irgend so ein Zeug in die Wurzeln, es pikste ein wenig, war aber nicht so schlimm.
„Bitte, das Besteck jetzt erhitzen.“ Als der Arzt das sagte, hörte ich im selben Moment ein vertrautes Klicken und sah zur Arzthelferin. Ne, jetzt nicht wirklich – sie zündete ein Feuerzeug an! 
Ihre Haltung sah aus meiner Lage gerade so aus, als wolle sie sich eine Zigarette anzünden. Dieses Bild brachte mich zum grinsen, wobei ich mir vorstellen musste wie das jetzt wohl aussehen müsse, weil die Assistentin mir den Sauger ziemlich weit in den Mundwinkel gezogen hatte. Ich muss das breite Grinsen eines Clowns gehabt haben. Die Idee lies mich nicht los und ich musste mir das Lachen etwas verkneifen. Dann ein Zischen, gerade so wie wenn ein paar Wassertropfen auf einer heißen Herdplatte tanzen. Hab ich eigentlich den Herd ausgemacht bevor ich hier her gegangen bin? 
Das Lachen staute sich in mir immer mehr an. Zum ersten mal verkrampfte ich mich beim Zahnarzt um nicht lauthals loszulachen. Ich krallte mich wieder fest an den Armlehnen und meine Bauchmuskeln waren nahe daran zu zerreißen. Ich komm da durch, ich schaff das. 
„Bitte, noch einmal erhitzen.“ Kicher, noch irgendetwas und ich kann nicht mehr. 
Ein paar Freudentränen liefen mir schon aus den Augenwinkeln. Meinem Arzt fiel das wohl auf, „Frau Kolwitz, alles in Ordnung, haben sie Schmerzen? Wir sind gleich fertig.“ Ein Grunzen rutschte mir mit erhobenen Daumen raus. 
Die Arzthelferin fummelte am Feuerzeug rum – klick, klick, klick, nichts passierte. 
„Entschuldigung, aber ich glaube das Feuerzeug ist kaputt.“ Ich konnte mich nicht mehr halten und eine gigantische Lachsalve brach aus mir heraus. 
Die Gesichter hättet ihr sehen sollen. Erst war der Arzt und seine Assistentin erschrocken und die Gesichter ganz starr, aber dann, ja dann ist mein Funke übergesprungen und kein Auge blieb vor Lachen trocken. Wir 3 konnten uns nicht mehr einkriegen und wurden wohl ein wenig lauter, so dass eine andere Arzthelferin nach dem Rechten schauen wollte, die haben wir gleich mit angesteckt.
Als die Arzthelferin dann noch meinte, dass sie kein anderes Feuerzeug mehr habe, musste ich mir den Bauch schon festhalten. „Macht nichts, meinte ich, ich habe noch eins in meiner Jacke.“ 

Ja, meine Lieben, ich bin mit meinem Schlabberlätzchen, offenen Mund und Gekichere durch den Flur gelaufen und bin ins Wartezimmer rein. Die Blicke der anderen Patienten werde ich wohl nie vergessen, als ich lachend aus meiner Jacke das Feuerzeug hervor holte. „Die wichtigsten Utensilien muss man halt selber mit bringen und werden wohl von der Krankenkasse nicht ersetzt“, warf ich noch in die Runde. 
Was soll ich sagen, Lachen ist halt eine ansteckende Seuche und erwischt jeden ohne Ausnahme. Die Patienten und Arzthelferinnen wurden von mir infiziert und konnten sich auch nicht mehr vor Lachen halten. 
Im Behandlungszimmer wieder angekommen, mussten wir uns ganz schön zusammen reißen, um die Behandlung abzuschließen. 
Glaubt mir, dass war nicht leicht, für keinen von uns.
Das war meine erste Zahnbehandlung die mir ein schmerzendes Zwerchfell verursachte. 
Solche Schmerzen hat man aber gern, oder?

Am 8 Januar bin ich noch mal zur Kontrolle gegangen.
Keine Sorge, alles ist gut verheilt.
Was mir der Zahnarzt noch erzählte fällt wohl nicht unter der ärztlichen Schweigepflicht. Er meinte, dass die Behandlungen über den Tag verteilt sehr viel entspannter waren als sonst und nicht nur für die Patienten die im Wartezimmer gesessen haben.

Lachen ist gesund in jeder Lebenslage.

Alles Liebe und die besten Wünsche für Euch aus dem schönen Ammerland
Eure Sybille
Januar 2013

Hinterlasse einen Kommentar